Lobotomie

Surfen im Netz kann immer wieder spannend sein, besonders, wenn man auf Geschichten stößt, von denen man bis dahin noch gar nichts gewusst hat. So ging es mir gestern bei meinem täglichen Besuch auf „Wikipedia“. Dort war auf der Startseite ein Link zu Milos Foreman, dem Regisseur, welcher am 18. Februar 85 Jahre alt geworden ist. Einen seiner Filme habe ich in den siebziger- und achtziger Jahren ca. 10-15 mal im Kino und im Fernsehen gesehen, weil er einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist: “ Einer flog über das Kuckucksnest“. (Den Roman zum Film hatte ich damals auch gelesen).
Also klickte ich mich weiter zum Film und von da aus zu einem zentralen Aspekt darin, der Lobotomie. Diese ist eine Methode der Psychochirurgie, bei der zentrale Nervenverbindungen zum Stirnlappen des Gehirns durchtrennt werden, um dadurch Schmerz-Zustände aber auch Psychosen und Depressionen buchstäblich mit einem Schnitt zu beseitigen. Die Art und Weise, wie die bei dieser Methode unausweichlichen Schäden an der Persönlichkeit der „Patienten“ – Ich möchte sie lieber Opfer nennen- in Kauf genommen wurden, ist aus heutiger Sicht einfach nur noch gruselig. Nichtsdestotrotz wurde für diese vermeintliche Sternstunde der Medizin 1949 der Nobelpreis verliehen.  Zurück zum Surfen: Eine der Hauptfiguren in der Geschichte der Lobotomie in den USA ist der Psychiater Walter Freeman, und dieser wiederum stand in einer freundschaftlichen Beziehung zum Vater von John F. Kennedy, nämlich Joseph P. Kennedy.
An dieser Stelle erfuhr ich zum ersten Mal, dass dieser eine Tochter namens Rosemary hatte,
Vermutlich passte Rosemary irgendwann im Laufe ihres Erwachsenwerdens nicht mehr so recht
ins Bild des erfolgreichen Clans, der ausnahmslos strahlende, intelligente Nachkommen hervorbringt. Also entschloss sich Patriarch Joe eines Tages dazu, die in seinen Augen  moderat missratene Tochter seinem Freund Walter Freeman zur „Behandlung“ zu übergeben. Was dann passierte, nachdem der Eingriff gründlich daneben ging, lässt sich hier schon erahnen…
Die Geschichte dieser lange Zeit unbekannten bzw. verschwundenen Schwester des ehemaligen US-Präsidenten möchte ich dem Leser an dieser Stelle ans Herz legen. Für mich ist sie ein abschreckendes Beispiel dafür, wohin es führt, wenn die Humanität und der Wert einer menschlichen Persönlichkeit einem elitären Anspruch geopfert wird und das Ganze dann unter dem Deckmantel einer anerkannten Wissenschaft geschieht.

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